Wirkungsorientierung und finanzielle Transparenz als Förderkriterium: Wie überlebenswichtig diese Faktoren sein können, erlebt derzeit das Mentorenprogramm Big Brothers Big Sisters Deutschland.

Einen schmerzhaften Schritt muss derzeit scheinbar der deutsche Ableger des Mentorenprogramms “Big Brothers Big Sisters” (BBBSD) gehen: Presseberichten zufolge müssen kurzfristig die Regionalbüros geschlossen sowie die meisten der 45 Mitarbeiter entlassen werden. Bestehende Tandems der bundesweit ca. 1.000 Mentoren werden demnach nur noch bis Ende 2014 von Stuttgart aus weitergeführt.

Der Grund, so wird in den Berichten ausgeführt, sei der Rückzug eines Hauptförderers, der “Benckiser Stiftung Zukunft“. Diese wiederum begründe diesen Schritt mit einem Wechsel der Förderung zum Programm “Balu und Du” und der Hoffnung auf eine größere Wirkung des finanziellen Engagements bei diesem – den Berichten zufolge –  besser evaluierten Projekt. Finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der amerikanischen Ursprungsorganisation seien ein weiterer Grund (Quellen: Welt online.deHamburger Abendblatt OnlineMannheimer Morgen Online).

Big Brothers Big Sisters stammt ursprünglich aus den Vereinigten Staaten. Das Programm, das bereits 2000 durch die “Deutsche Kinder- und Jugendstiftung” gemeinsam mit Nokia in Deutschland pilotiert wurde, hat sich seit 2007 in Mannheim, Stuttgart, Hamburg, München und im Ruhrgebiet etabliert.

Käme es tatsächlich zum Aus für dieses ambitionierte Projekt aus den genannten Gründen, wäre das ein weiterer Beleg für das Gewicht, das die Kriterien Wirkung und finanzielle Transparenz mittlerweile für institutionelle Förderer haben. Gleichzeitig wird deutlich, wie stark diese Aspekte nunmehr zu den kritischen Wettbewerbsfaktoren im Kampf um finanzielle Ressourcen zählen.

Wechsel der Förderinstitutionen und das Beenden von Förderbeziehungen sind völlig normal. Der Fall von Big Brothers Big Sisters Deutschland stellt sich jedoch interessant dar, gehört BBBSD doch etwa zum Kreis der von “Deutschland rundet auf” geförderten Projekte, wurde von “Phineo” analysiert und ist Mitglied der “Initiative Transparente Zivilgesellschaft”. Nicht zuletzt verfügt BBBS über ein umfangreiches Unterstützernetzwerk mit namhaften Partnern.

Ein nicht ganz wirkungs- und kraftloses Projekt möchte man meinen – doch im Wettbewerb mit den zahlreichen anderen Mentorenprogrammen in Deutschland vielleicht nicht stark genug. Doch was waren genau die Wirkungskriterien, die den Ausschlag für die Entscheidung gaben? Fraglich bleibt auch, warum der Ausfall des Förderers so drastische Auswirkungen hat und scheinbar nicht kompensiert werden kann. Um die Lernerfahrungen breiter nutzbar zu machen und Ableitungen für die Wirkungsorientierung anderer Mentorenprogramme zu treffen, wäre eine weitere Erläuterung der Hintergründe sicher hilfreich.

16.09.2013 Update

Mittlerweile liegen weitere Informationen zu den Hintergründen vor:

Ausführlicher Bericht im Engagement-Magazin “enter”

Stellungnahme der BBBS-Geschäftsführung

Bericht und Stellungnahme von Phineo

Stellungnahme von Deutschland rundet auf

Selbsthilfe-Facebook-Gruppe von MentorInnen

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Comments (2)

Danke für die Information und die gute Zusammenfassung / Interpretation des Geschehen! Das ist wirklich eine Erschütterung

Ich werde das Gefühl nicht los, dass das Effizienz- und Wirkungsargument höchstens die halbe Wahrheit ist. Wäre interessant zu wissen, was sich hinter den Kulissen abspielt.

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