Die Freiwilligenagenturen bekommen Konkurrenz – der Markt für fachlich spezialisierte und ehrenamtliche Unterstützungsangebote für soziale Initiativen wächst. Zukünftig werden noch mehr dauerhaft verlässliche Strukturen für kritische Prozesse in sozialen Organisationen benötigt.

Mit Proboneo nimmt gerade eine weitere Organisation ihre Arbeit auf, die sich die Vermittlung von qualifizierten Freiwilligen für gemeinnützige Projekte zum Ziel gesetzt hat. Aktuell finden sich im Rahmen eines Pilotprojektes auf der Website 16 Engagementangebote, bei denen hauptsächlich in den Bereichen Kommunikation, Webdesign und Strategieberatung nach Unterstützung von bis zu 50 Stunden im Zeitraum bis März/April 2013 gesucht wird.

Proboneo nimmt damit den schon seit längerem zu beobachtenden Trend des “skilled volunteering” auf: Dabei nutzen Berufstätige ihre beruflichen Fertigkeiten, um gezielt und zumeist im Rahmen zeitlich befristeter Projekte soziale Vorhaben zu unterstützen – teilweise privat, mitunter durch Förderung ihres Arbeitgebers. Agenturen wie talentspender.de, re-frame oder das gerade in Gründung befindliche mitMission zeugen von der Attraktivität dieses Ansatzes.

Damit wächst die Unterstützungslandschaft für soziale Projekte – und darin spiegelt sich die allseits konstatierte Veränderung im Ehrenamt wieder. Die Freiwilligenagenturen vermitteln bereits seit Mitte der 90er Jahre Ehrenamtliche für dauerhafte Engagements. Ihnen folgen seit kurzem weitere Agenturen für die Vermittlung von Kurzzeiteinsätzen – servethecity, Stiftung Gute-Tat.de oder tatkräftig sind da als Beispiele zu nennen.

Die gezielte Vermittlung von “Fachkräften” für einzelne Engamentprojekte kommt in jüngster Zeit in den Fokus. Neben den oben erwähnten Agenturen sind auch die vielen Service Learning Angebote an Universitäten zu erwähnen, die fachliche und tatkräftige Unterstützung bieten – die Angebote etwa in Köln, Mannheim, Halle oder Hamburg zeigen die aktuelle Dynamik in diesem Bereich. Die vielerorts in den letzten Jahren entstandenen Marktplätze Gute Geschäfte haben ebenfalls dazu beigetragen, dass gemeinnützige Organisationen auf ein breiteres Repertoire an Fachkräften zugreifen können.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen natürlich spezialisierte Angebote – startsocial, Heldenrat, Manager ohne Grenzen oder SUN etwa leisten seit vielen Jahren Unterstützung durch ehrenamtliche Berater in Managamentfragen, Pro Bono Deutschland ist der 2011 gegründete Zusammenschluss von Anwaltskanzleien für ehrenamtliche Rechtsberatung, youvo vermittelt seit 2013 junge Kreative in Engagementprojekte, Social Impact bietet Gründungsunterstützung für social startup’s.

Es scheint fast so, als ob gemeinnützige Organisationen auf ein immer breiter werdendes Angebot an fachlicher Unterstützung zugreifen können. Die Liste der Angebote ließe sich beliebig verlängern und verändert sich derzeit nahezu wöchentlich.

Natürlich sind damit auch kritische Fragen verbunden – etwa die nach den entstehenden Doppelstrukturen, nach der Förderung der “keine Verwaltungskosten, weil alles ehrenamtlich”-Mentalität oder auch der nachhaltigen Wirkung von Kurzzeiteinsätzen auf Organisationen. Verständlich ist außerdem eine gewisse Skepsis gegenüber der mit der pro bono-Bewegung verbundenen Hoffnung, dass für den Kernprozess einer Organisation kritische Unterstützungsprozesse dauerhaft durch wechselnde befristete Engagements erbracht werden können.

Gleichwohl verdient jede neue Organisation, die sich der Stärkung sozialer Projekte verschreibt, zunächst Anerkennung und Unterstützung für ihr Vorhaben. Auf die genannten Fragen werden sich gute Antworten finden lassen. Für die Zukunft wird es interessant sein zu beobachten, welche Organisationen dauerhaft bestehen bleiben, wie Finanzierungsstrukturen für diesen neu entstehenden “Speckgürtel” aussehen und welche lessons lernt auch aus Sicht der sozialen Projekte gezogen werden können. Auch die Rolle der Freiwilligenagenturen, die ähnlich wie bei der Vermittlung von Unternehmensengagemente auch der Vermittlung von qualifizierten Kurzzeiteinsätzen mancherorts etwas hinterherzuhinken scheinen, wird sich vermutlich in den nächsten Jahren angeregt durch die neuen Player auf dem Markt der Engagementvemittlung erweitern.

Wichtige Aufgabe neben der Qualitätssicherung der Engagementeinsätze bleibt es, die Angebote bekannter zu machen und in die Breite zu tragen. Die Frage untereinander nach Strategien der Projektakquise kursiert unter vorgehaltener Hand längst und auch außerhalb der Ballungszentren sind die Angebote noch rar. Perspektivisch wünschenswert wäre zudem eine Erweiterung des Pro Bono-Konzeptes in Richtung dauerhafter Strukturen, die gerade für kleinere gemeinnützige Organisationen verlässlich kritische Management-Prozesse niedrigschwellig zur Verfügung stellen. Hier könnten Förderinstitutionen wichtige Impulsgeber (und Financiers) sein, um die Nachhaltigkeit ihrer  Engagements zu unterstützen.

+++ Nachtrag +++
Kurz nach Veröffentlichung dieses Posts haben die drei Organisationen re-frame, wirkunghochn und Talenspender Ihre Fusion zu proboneo bekanntgegeben:
http://www.re-frame.de/aktuelles/2013/11/7/aus-drei-mach-eins-wir-werden-proboneo.html

(wirkunghochn und Talentspender sind bereits Anfang des Jahres fusioniert)

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Comments (4)

Ein erster Schritt in Richtung Abbau von Doppelstrukturen: Ab sofort machen Wirkung hoch n, Talentspender und Re.frame gemeinsam als Proboneo (http://www.proboneo.de) weiter.

Mehr unter: http://www.talentspender.org/de/aus-drei-mach-eins/

Nur als Erweiterung: Proboneo setzt sich zusammen aus re.frame, Talentspender und Wirkung hoch n. Mehr über der Entstehungsgeschichte von Proboneo findet man übrigens hier (http://www.talentspender.org/de/aus-drei-mach-eins/) und, auf Englisch hier (http://www.martijnschreuder.nl/blog/2013/talentspender-becomes-proboneo/)

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